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Arne Klar ist Student der sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Aachen. Außerdem kommentiert er als einer von zwei Reportern die Heimspiele Alemannia Aachens für Menschen mit einer Sehbehinderung. Das Interview führten wir persönlich beim letzten Spiel der Saison 16/17 auf dem Tivoli.

Arne Klar & Lukas Krott –
Blindenreportage K – AKLK

Wie ihr eigentlich auf die Idee gekommen? Ich hätte da nie dran gedacht, ich dachte Blinde gehen nicht ins Stadion.

Ich tingle mittlerweile seit über zehn Jahren ehrenamtlich am Tivoli herum. Ich habe damals über ein Praktikum im Vinzenz-Heim Jungs hier betreut. Das war 2005. Da habe ich auf der Rolli-Tribüne geholfen, Jahr für Jahr. Drei Jahre später, 2008, habe ich von der Lebenshilfe einen Rollstuhlfahrer bekommen. Der hatte eine Dauerkarte und dann bin ich mit ihm auf den Tivoli gegangen. In dieser Zeit hatte Petra Coenen ein Interview in der Zeitung und erwähnte, dass die Stelle des Blindenreporters zu besetzen ist. Es gab wohl mal einen, aber mit dem sportlichen Abstieg der Alemannia ist der auch von Bord gegangen. Dann habe ich die Petra angeschrieben und ihr gesagt, dass ich mir das gerne ansehen würde. Sie meinte, wenn ich Lust darauf hätte, wäre das für sie klar, dass ich das mache, da ich ja bis dahin schon lange ehrenamtlich tätig war. Dann habe ich das ein gutes halbes Jahr gemacht und jedes dritte Spiel irgendwen mitgenommen, um ihnen das zu zeigen. Einmal war dann auch Lukas mit von der Partie und hat die Abgänge dann mal gesehen. Als ich beim nächsten Spiel der Saison 2013/14 am Morgen unerwartet ins Krankenhaus kam, habe ich Lukas gefragt, ob er einspringen kann. Und dann ist er ins kalte Wasser gesprungen.

Es hat total Spaß gemacht.

Das heißt, ihr habt keine Schulung bekommen?

Doch, doch!

Das haben wir dann im Nachhinein bekommen. Es gibt regelmäßig – einmal im Jahr – ein Bundestreffen. Die ersten beiden Ligen haben verpflichtend Blindenreporter.

Es gibt auch noch einmal im Jahr ein Regionaltreffen, bei Denen auch ein paar Schulungen stattfinden.

Im Zuge der Inklusion.

Ich finde das super!

Deswegen wurde hier damals dann auch die Technik angeschafft. Deswegen können wir das jetzt machen. Ich glaube, vor zwanzig Jahren haben die in Sankt Pauli angefangen, sich einfach zwischen die Blinden und Sehbehinderten zu stellen und einfach laut zu schreien. Dann hat sich das entwickelt.

In der Bundesliga sind die ganz anders aufgestellt. Die haben dann ihre eigenen Bildschirme und haben Teams von acht Leuten inklusive Tontechniker etc. Die streamen teilweise auch ins Internet. Dann kann man wählen zwischen Blindenreportern und Fan-Radio. Teilweise machen die Leute beides. Das man das alleine macht, ist die absolute Ausnahme. Der aus Ingolstadt ist beispielsweise alleine.

Bei den Bundestreffen gibt es dann immer Schulungen, wo man seine Erfahrungen weitergibt. Hier im Westen sind wir auch ganz gut mit Fortuna Düsseldorf, Schalke 04 und Bayer Leverkusen befreundet. Die haben große Teams und unterstützen uns auch gut.

Bekommt man dann gesagt, worauf man achten muss? Wie man Bilder erschafft und was man kommuniziert?

Die machen das schon gut. Einer kommentiert vom Bildschirm, den alle anderen nicht sehen, und beschreibt eine Szene. Dann sollen die Seminarteilnehmer die Szene aufmalen, wie sie denken, dass die Szene aussah. Manche Sachen überschneiden sich, andere sind völlig verkehrt. Aufgrund so einer Analyse kann man dann feststellen, worauf man achten muss und wie man es genau beschreiben kann.

Zwei Leute haben dann probeweise Fifa auf dem Beamer gezockt und die Moderatoren-Teams mussten es kommentieren. Wir hatten von Schalke und Dortmund sehbehinderte Fans bei dem Seminar, die uns dann auch direktes Feedback gaben. Für sie ist beispielsweise wichtig, wie groß einzelne Spieler in der Mauer sind und dass man auf optische Elemente eingeht – z.B. welche Farbe die Schuhe haben. Das gehört eben zu einem Bild auch dazu. Das ist viel wichtiger für sie als irgendwelche Hintergrundgeschichten.

Das ist schon wesentlich detaillierter als ein Webradio. Wir beschreiben auch das Drumherum. Zum Beispiel, dass 17 Fans aus Gelsenkirchen angereist sind oder wir beschrieben die Banner, die Fans hochhalten. Das gehört auch dazu – der Fokus liegt nicht nur auf dem Spiel.