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Birgit Lauterbach ist Religionspädagogin. Sie arbeitet als Gemeindereferentin bei der Seelsorge vom Uniklinikum Aachen und betreut dort Patienten psychologisch. Das Interview führten wir persönlich.

Birgit Lauterbach –
Seelsorge L – BL

Können Sie sich kurz vorstellen Frau Lauterbach?

Ich bin von Beruf Gemeindereferentin und arbeite als solche im Auftrag des Bistums Aachen hier im Uniklinikum1. Studiert habe ich Religionspädagogik an der Fachhochschule Aachen im Fachbereich Theologie. Nach einer dreijährigen Berufseinführung, war ich zunächst drei Jahre in der Gemeinde. Danach bin ich ins Krankenhaus gewechselt mit einer Zusatzqualifikation in Klinischer Seelsorge (KSA). Dabei ging es im Wesentlichen um Selbsterfahrung und die Frage: Wie kommuniziere ich mit kranken Menschen. Seit 1991 arbeite ich jetzt am Uniklinikum. Wir sind ein Team – wir haben ein katholisches und ein evangelisches Team – wir arbeiten aber auch ökumenisch. Wir als katholisches Team haben uns das Krankenhaus insofern aufgeteilt, dass jede Station einen Ansprechpartner hat. Als ich hier angefangen habe, waren wir noch vom Personal her mehr und da war es auch noch möglich „flächendeckender“ zu arbeiten. Da jetzt die Personaldecke leider dünner geworden ist, können wir häufig nur noch auf Anfrage reagieren. Fragende sind Ärztinnen und Arzte, das Pflegepersonal, manchmal die Kranken oder deren Angehörige. Wir haben mittlerweile mehr Kriseninterventionen. Dazu muss man auch sagen, dass sich die Liegedauer im Krankenhaus in den letzten Jahren auch sehr verkürzt hat. Beispielsweise war es früher Standard, dass jemand, der an Krebs erkrankt für die Chemotherapie stationär aufgenommen wurde. Heute wird das in der Regel ambulant durchgeführt. Eben diese längere stationäre Aufnahme ermöglichte längere Begleitungen. Heute ist eher eine punktuelle Begleitung möglich. Das ist der große Unterschied zu früher.

Welche Rolle spielt die Religion? Ist es so, dass die Leute speziell wegen dem Religiösen Aspekt auf Sie zukommen oder geht es einfach darum mit jemandem zu reden?

In erster Linie ist es das Letztere. Das hat sich auch mit der Zeit geändert. Man muss das von der gesellschaftlichen Entwicklung hersehen. Die konfessionelle, religiöse Bindung spielt heute nicht mehr eine so große Rolle. Häufig kommen die älteren Menschen auf uns zu, rufen selber an, lassen ihre Angehörigen anrufen oder bitten um ein Gespräch und/oder den Empfang der Krankenkommunion. Wenn ich um ein Gespräch mit einem Seelsorger/Seelsorgerin bitte, dann brauche ich auch eine Vorstellung davon, was Seelsorge denn ist. Das fehlt der jüngeren Generation häufig.

Sie reden mit den Menschen – wie finden solche Kommunikationen statt?

Ich stelle mich vor – ich stelle mich mit meinem Namen vor und sage auch, dass ich von der katholischen Seelsorge komme, um meinem Gegenüber die Möglichkeit zu geben zu sagen – ich bin evangelisch und möchte jemanden von meiner Glaubensrichtung haben oder eben ich möchte gar keinen von der Kirche haben. Dann sage ich „Ich wollte Sie mal besuchen und mal hören, wie es Ihnen geht.“ Manchmal ist das schon der Türöffner, wobei ich davon überzeugt bin, dass der Türöffner eigentlich schon der erste Blickkontakt war. Da entscheidet sich schon ganz oft, ob es überhaupt zu einem Gespräch kommt. Meistens gehen die Menschen darauf ein und fangen an zu erzählen.
Warum sie da sind oder was sie grade im Moment bedrückt. Nicht immer ist das die akute Krankheitsgeschichte. Oft wird durch eine akute Krankheitsgeschichte ausgelöst, dass Sachen die noch nicht „bearbeitet“ sind im Leben, dass die dann hochkommen und viel mehr drücken, als die Krankheit selber. Oder es geht sehr wohl um die akute Krankheitsgeschichte. Wenn man sich zum Beispiel mit einer Krebsdiagnose auseinandersetzen muss. Was ja ein tiefer Einschnitt ist und ein Lebenskonzept in Frage gestellt. Es ist so als wäre ich von jetzt auf gleich in einen völlig anderen Film hinein katapultiert worden. Das hat was mit Schock zu tun, das hat was mit Trauer zu tun. Das einfach mal zur Sprache bringen dürfen, bei jemandem der von diesen Prozessen auch Ahnung hat.