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Maurice Funken ist Kunsthistoriker. Außerdem ist er Kuratorischer Assistent beim Neuen Aachener Kunstverein. Darüber hinaus lehrt er an der RWTH Aachen im Fach Kunstgeschichte. Das Interview führten wir persönlich bei einem Besuch im Neuen Aachener Kunstverein.

Maurice Funken –
Ausstellungen F – MFu

Würdest du in eigene Worte fassen, womit sich der »Neue Aachener Kunstverein« beschäftigt?

Also, der Neue Aachener Kunstverein – den gibt es seit mehr als 30 Jahren, 1986 gegründet –ist mittlerweile seit gut 16 Jahren hier im Stadtpark beheimatet. Wir waren vorher mehr zentral in der Stadt angesiedelt, haben dann aber 2001 die Räume hier bezogen und mussten diese auch umbauen, herrichten, damit sie als Ausstellungshaus auch funktionieren. Wir machen grundsätzlich Ausstellungen zur zeitgenössischen Kunst, ungefähr fünf oder sechs pro Jahr – plus am Ende des Jahres eine Auktion. Diese Auktion sichert uns sozusagen den Bestand. Als Kunstverein ist man immer bemüht, möglichst viel Geld heran zu schaffen, weil wir selber Ausstellungen nicht ausreichend finanzieren können. Darum muss man für eine Ausstellung Förderungen eintreiben und durch die Auktion, in der uns Künstler Kunstwerke überlassen, und dann einen Teil der Summe spenden. Aus dem möglichen Verkauf, durch diese Auktion und eben Förderung finanzieren wir unseren Haushalt. Der Kunstverein – er ist ein Verein, er ist privat – ist also nicht städtisch. Wir werden von der Stadt zwar unterstützt, wie alle Akteure der freien Szene, aber diese Unterstützung fällt recht gering aus. 30.000€ pro Jahr bekommen wir von der Stadt, das ist nicht viel, damit kann man keine Ausstellung machen, damit kann man diesen Verein nicht vernünftig betreiben. Dementsprechend müssen wir immer andere Quellen auftun. Wie gesagt, fünf oder sechs Ausstellungen pro Jahr, das kann zwischen Malerei, Fotografie, Skulptur und Installation wechseln. Die letzte Ausstellung war eine Ausstellung mit einer Performance-Künstlerin. Es ist auch durchaus möglich, sich in Randgebiete auszudehnen als Kunstverein, als beispielsweise ein städtisches Museum es tun könnte. Also wir sind da vielleicht experimentierfreudiger als ein städtisches Museum.

Wie wird die Kunst ausgewählt? Gibt es eine Art Kodex, den sich das Haus auf die
Fahnen geschrieben hat – oder seid ihr bei der Auswahl völlig frei?

Also zunächst mal, in den Anfangsjahren, war es eine Mischung aus zeitgenössischer Kunst, aber auch aus lokalen Künstlern und nationalen, internationalen Künstlern. Mittlerweile ist dieser lokale Aspekt ein wenig in den Hintergrund gerückt. Wir stellen jetzt keine Aachener Künstler unbedingt aus, es sei denn es ist ein guter Aachener Künstler. Die Auswahl generell bestimmt der Direktor – das ist in unserem Fall Ben Kaufmann, der seit 2013 im Amt ist – davor waren es andere Direktoren, die Ausrichtung wechselt also von Direktor oder Direktorin zu der neuen Leitung immer wieder ein wenig. Ben Kaufmann hat – ich möchte sagen einen roten Faden durch die Ausstellungen hindurch gezogen, der in Richtung Performance und Inszenierung geht. 95 Prozent der Ausstellungen, die Ben Kaufmann gemacht hat, drehen sich um diese Themen. Das mag nicht immer unbedingt ersichtlich sein, wenn man eine Ausstellung sieht, oder vielleicht auch zwei gesehen hat, dass es eine Verbindung gibt, aber grundsätzlich sind das die Inhalte, die ihn interessieren. Was man vielleicht an dieser Stelle auch erwähnen könnte ist, dass Ende des Jahres die Leitung hier wechseln wird, Ben Kaufmann wird den Kunstverein verlassen und damit findet dieser rote Faden auch wieder seinen Abschluss – was im nächsten Jahr passieren wird das ist jetzt noch recht offen. Aber ich denke auch da wird, es wieder einen Richtungswechsel geben. Die Auswahl passiert also durch den Direktor. Der Direktor entdeckt Künstler, die ihn interessieren, die ihn vielleicht beschäftigen, die vielleicht in diesem Zusammenhang passen. Es gibt natürlich auch Künstler, die auf uns zu kommen und sich für eine Ausstellung empfehlen. Das schauen wir uns natürlich auch an, aber es muss passen. Momentan sind diese Initiativbewerbungen aber eher unerfolgreich.

Das heißt, es ist dann auch immer eine große Frage des persönlichen Geschmacks, welche Künstler ausgestellt werden?

Wenn persönlicher Geschmack so zu definieren ist, dass er von beruflichem Interesse und beruflichem Erkennen von Qualitäten geprägt ist, dann ist das persönlicher Geschmack. Es geht eigentlich in jeder Ausstellung um die Qualität der Kunst und darum, unbedingt eine schöne Ausstellung zu präsentieren. In manchen Häusern ist das durchaus der Fall, dass man Malerei präsentieren wird, weil sie hübsch anzusehen ist. Und darum geht es hier nicht unbedingt; wie gesagt, es geht um Qualität in der Kunst. Diese zu entdecken und vielleicht auch gerade bei jüngeren Künstlern zu entdecken – das ist eine Aufgabe von Kunstvereinen, zumindest sehen wir das so – und Nachwuchsförderung zu betreiben. Also nicht unbedingt seit 20 Jahren etablierte Künstler zu präsentieren — wobei das auch passieren kann — aber beispielsweise jungen Künstlern die erste Ausstellung zu ermöglichen um dann vielleicht die Karriere voran zu treiben.