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Laura Bottel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Online-Ambulanz-Service für Internetsüchtige (OASIS) der LWL-Universitätsklinikum Bochum. Sie Arbeit an der Bereitstellung von Diagnostik und Beratung für Internetsüchtige und deren Angehörigen.

Laura Bottel –
Onlinesucht Web-Exklusiv

Ist das Thema Onlinesucht eher ein Problem im Bereich Gaming, oder sind viele Ihrer
Patienten abhängig von der Nutzung sozialer Medien & Messengern?

Es gibt verschiedene Arten einer Internetabhängigkeit. Die häufigste Art der Internetabhängigkeit ist die Online-Computerspieleabhängigkeit. Es gibt aber auch andere Aspekte des Internets, die abhängig machen können, wie Internetpornographie oder die Nutzung von sozialen Netzwerken, Foren oder Messengern. Zu sehen ist, dass besonders weibliche Betroffene soziale Netzwerke, Foren und Ähnliches oft sehr exzessiv nutzen, wohingegen (junge) Männer oft eher von Online-Computerspielen oder Internetpornographie abhängig sind.

In einer Zeit, in der die meisten ein Smartphone in der Hosentasche haben und sozusagen jederzeit auf Abruf stehen, wie definiert sich da ein Abhängiger? Sind wir nicht alle auf eine Art süchtig?

Anzeichen für eine Abhängigkeit sind, wenn es zu erheblichen Problemen und negativen Folgen aufgrund der exzessiven Internetnutzung im sozialen Umfeld, im Kontakt mit Freunden, Familie oder Partner/in oder in der Schule bzw. auf der Arbeit kommt. Auch die Vernachlässigung von Körperpflege, Ernährung und Gesundheit sind häufig Folgen einer Internetabhängigkeit.

Welche Hintergründe hat Ihrer Erkenntnis nach eine extreme Nutzung von sozialen Medien? Kann man so zusagen kommunikationssüchtig sein und braucht die sozialen Medien dafür, oder steckt doch eher eine ständige Suche nach Bestätigung dahinter?

Es gibt sehr unterschiedliche Gründe, warum Menschen das Internet so exzessiv nutzen. Viele Internetabhängige leiden häufig unter Depressionen, sozialen Ängsten oder Störungen von Aufmerksamkeit und Aktivität. Somit spielt häufig die Flucht in eine andere (virtuelle) Welt eine Rolle bei der Entwicklung einer Internetabhängigkeit. Aber gerade bei der exzessiven Nutzung von sozialen Netzwerken spielt auch das Verlangen nach Bestätigung bzw. generell das Verlangen nach sozialen Kontakten eine Rolle.

Hat der Mensch durch das Internet verlernt alleine zu sein, und eben einmal eine Zeit lang nicht zu kommunizieren?

Das Internet hat wahrscheinlich mit dazu beigetragen, dass es immer schwieriger für Menschen wird, sich mit sich selbst zu beschäftigen und auch mal die medienfreie Zeit zu genießen. Da spielen aber wahrscheinlich auch noch andere Dinge eine Rolle.

Welche Verantwortung haben Ihrer Ansicht nach die Firmen hinter Produkten wie Facebook und Co.? Kann man diesen vorwerfen ihre Produkte gezielt so zu gestalten, um Nutzer abhängig zu machen?

Diese Firmen legen denke ich schon sehr großen Wert darauf, dass ihre Spiele/Seiten sehr anschaulich sind und Spaß machen. Insbesondere die Interaktion mit anderen Personen spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer Abhängigkeit und genau dieser Aspekt wird auch bei der Entwicklung von Spielen oder sozialen Netzwerken immer wichtiger. Besonders weitreichende Folgen für Betroffene hat es, wenn Geldeinsätze für den Erfolg im Spiel entscheidend sind.